Geschichte

Alles begann mit einem Weihnachtsbesuch

Entscheidungen, die man mit dem Herzen trifft, sind oft die besten im Leben. Auch wenn manche von ihnen ziemlich unvernünftig erscheinen. Ein Glück also, liess sich Bruno Widmer nicht von der Vernunft, sondern von den Emotionen leiten, als er vor vierzig Jahren den alten Gutshof auf dem Brancaia-Hügel bei Castellina in Chianti entdeckte und alsbald den Grundstein für die Marke Brancaia legte.

Brigitte & Bruno Widmer

Aus Brancaia wird eine Marke

Doch wie sollte die Etikette von Brancaia aussehen? Die ersten Versionen waren war ganz ansprechend, als erfolgreicher Werber wollte Bruno Widmer aber etwas Einzigartiges, etwas, das wie der eigene Wein unverwechselbar ist. Das war 1988. Er bat also einen Grafiker aus seiner Agentur eine Reihe von Etiketten zu entwerfen. Als die Entwürfe fertig waren, stach einer dem Auftraggeber sofort ins Auge. Die Buchstaben des Worts “Brancaia” und die vier Zahlen des Jahrgangs waren darauf zu einem Quadrat angeordnet. Da war sie, die Unverwechselbarkeit, die sich die Widmers so gewünscht hatten!

Brigitte & Bruno Widmer

Schon 1989 hatte Brancaia seine Ländereien um ein Areal auf dem Gebiet von Radda in Chianti erweitert. Obwohl es dort keinen Weinbau mehr gab und die Rebberge lediglich noch im Register eingetragen waren, erkannten Bruno und Brigitte das Potenzial der Lage. Der alte Schuppen ohne Strom und Wasser erlaubte den Bau einer Kellerei mit den gleichen Aussenmassen – ein neuerlicher Glücksfall.

In der Schweiz brachte das Jahr 1986 einen grossen Schritt für Brancaia: die Eröffnung eines eigenen Ladens in der Mühle Tiefenbrunnen im Zürcher Seefeld, gleich neben der Bar des Restaurants Blaue Ente. Ein Fenster verband die beiden Lokalitäten, sodass sie jeweils von der Atmosphäre der anderen profitieren konnten. Brigitte Widmer führte nicht nur den Laden, sondern schrieb gleich auch die Weinkarte für die Blaue Ente, die damals eine ganz neue Art der Gastronomie in Zürich verkörperte und sogar ausländische Gäste aus dem noblen Hotel Baur au Lac elektrisierte. “We want to go to the blue duck”, war damals ein oft gehörter Satz – und Brancaia gehörte ein Teil des Ruhms.

Brigitte & Bruno Widmer

Brancaia wird offiziell ausgezeichnet

Als der Gourmetführer “Gambero Rosso” den Il Blu 1994 mit seiner höchsten Auszeichnung, den Tre Bicchieri (drei Gläser), adelte, stieg auch in Italien die Bekanntheit von Brancaia sprunghaft. “Wir waren das erste von Ausländern geführte Weingut, dem diese Ehre zuteil wurde”, blickt Bruno Widmer zurück. Die breite internationale Anerkennung liess jedoch noch einmal vier Jahre auf sich warten und ging zeitlich einher mit dem Beginn des Engagements von Barbara Widmer in der Toskana. Die Tochter des Gründerehepaars, die erst nichts vom Weinbau wissen wollte und Architektur studierte, hatte auf den zweiten Blick ihre Liebe für die Winzerei entdeckt.

Brigitte & Bruno Widmer

Obwohl das Anwesen eigentlich viel zu gross für sie war und die Finanzierung ein Kraftakt zu werden drohte, kauften die Widmers Brancaia wenig später. Zunächst war Brancaia für die Widmers nur ein Ferienhaus. Aber eben eines mit sieben Hektar Rebland. Es müsste doch möglich sein, hier erstklassigen Wein zu produzieren, dachten sie sich. Wein, der den Charakter der Region widerspiegelt und so beglückend ist wie ein Sonnentag in der Toskana.

Dank kompromisslosem Qualitätsdenken kam der erste Erfolg schon sehr bald: Bei einer vom Schweizer Weinmagazin “Vinum” organisierten Blindverkostung von Weinen aus dem Chianti erzielte Brancaia die besten Noten – und war auf einmal in aller Munde. Um ihren Wein in die Schweiz zu importieren, brauchten die Widmers Kontingente, die sie zu einem deutlich höheren Preis einem Zürcher Händler abkaufen mussten. Und das Weinhandelspatent. Dieses erwarb Brigitte Widmer – ebenfalls 1983 – in einem vierwöchigen Lehrgang an der Hochschule Wädenswil. Den Verkauf des Weins koordinierte sie von ihrem Haus in Gockhausen aus.

Brigitte & Bruno Widmer

Brigitte & Bruno Widmer

1990 rief Brigitte Widmer den viel beachteten Anlass Toscana a Zurigo ins Leben: Zwanzig der besten Weingüter der Toskana – allesamt vertreten durch ihre Besitzer – kamen in die Mühle Tiefenbrunnen und stellten dem Zürcher Publikum ihre Produkte vor. “Die Besucherinnen und Besucher konnten mit einem Glas in der Hand die Runde machen, nach Herzenslust probieren und aus erster Hand eine Menge über die Weine der Toskana erfahren”, erinnert sich die Initiantin. Filippo Mazzei, einer der angesehensten Winzer Italiens, spannte mit Brancaia zusammen und war wie alle anderen begeistert vom Anlass, der an zwei Tagen gegen 3000 Gäste anlockte.

Brigitte & Bruno Widmer

Zunächst blieb das spezielle Etikett dem Il Blu vorbehalten, der auch sonst eine Neuerung für Brancaia bedeutete. Weil seine Zusammensetzung nicht den damaligen Richtlinien für einen Chianti Classico entsprach, galt er als Vino da tavola. Das war theoretisch die Einstiegskategorie in die Welt der toskanischen Weine, die ambitioniertesten Produzenten der Region – darunter eben auch Brancaia – liessen sich davon aber nicht abschrecken. Und bald schon sprachen die englischsprachigen Liebhaber der komplexen und gehaltvollen Preziosen voller Bewunderung von den Super Tuscans. 1992 zog das für die Kategorisierung zuständige Gremium in Italien nach und schuf für die hochwertigen Weine die Qualitätskategorie Indicazione Geografica Tipica (IGT).

Brigitte & Bruno Widmer

Sie übernahm nicht nur die Rebberge in Castellina und Radda, sondern auch die Ländereien in der gegen das Meer gelegenen Maremma. Diese hatten ihre Eltern ebenfalls 1998 erworben.

Barbara Widmer

Barbara Widmer

Heute steht Barbara Widmer an der Spitze eine 35-köpfigen Teams, dessen Mitglieder wie sie das ganze Jahr über für Brancaia arbeiten und sich als Teil einer grossen Familie fühlen. Anfang August beginnt für die Chefin von Brancaia jeweils die spannendste Phase eines Jahres. Dann verbringt sie sehr lange Tage in den Rebbergen und will spüren, wie es den Rebstöcken geht, wie kräftig sie sind und wann sie blasser werden.

Diese Mischung macht Brancaia aus: Wir schätzen das Althergebrachte und haben dennoch keine Angst, neue Wege zu gehen. Seit dem ersten Tag produzieren wir ohne Kompromisse ortstypische Weine und entwickeln uns dabei stetig weiter.

Die nächste Generation übernimmt

Barbara Widmer schloss 1998 ihr Önologiestudium ab und machte danach erste intensive Erfahrungen in einem Praktikum in der Westschweiz. Mit frischem Elan übernahm sie das elterliche Weingut. Zunächst überliess sie für rund fünf Jahre die wichtigsten Entscheidungen den erfahrenen Angestellten. Es folgten fünf weitere Jahre, die Barbara Widmer als ihre “Sturm-und-Drang-Phase” bezeichnet, danach sei sie so richtig bei sich und ihrer Identität als Winzerin angekommen.

Barbara Widmer
Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner